08 Mai Viel Lärm – und nichts?
Internationale Forschungsberichte zur Wirkung von Lärm zeigen: Lärmbelastung wirkt nicht nur auf kognitive Leistungen wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Kurzzeitgedächtnis, Sprachverarbeitungsprozesse, sondern auch auf die psychische Verfassung eines Menschen. Das gilt für alle Lebensbereiche: etwa für Kinder und Lehrkräfte an Schulen, aber auch für die vielen Lärmquellen im Alltag und Beruf: Bau- und Verkehrslärm, Rasenmäher- und Laubsaugerexzesse, martialisches Motorenröhren…
In einem Interview mit Jürgen Hellbrück, Professor für Arbeits-, Gesundheits- und Umweltpsychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, in Spiegel online vom 16.04.14 stellt der Fachmann ernüchternd fest: An Lärm kann man sich nicht gewöhnen.
Lärm nervt. Er macht aggressiv. Er provoziert Stress. Stresshormone können sogar im Schlaf ausgeschüttet werden. Chronischer Lärm macht krank. Auch wenn es individuell Unterschiede gibt, was die Belastungsempfindung betrifft, so wissen wir: Lärm schadet der Gesundheit.
Nur: Dem Lärm entkommt niemand.
Was bleibt denn dann noch? Der Lärmwirkungsforscher Jürgen Hellbrück empfiehlt, die Lärmquelle kognitiv umzubewerten, um das Unbehagen abzumildern. „Sie können sich sagen, dass der Baulärm sein muss, weil das Haus gebaut werden will, der Rasen auch eines unsympathischen Nachbarn gemäht werden muss und er irgendwann damit fertig sein wird. Vor allem, wenn Sie wissen, dass der Lärm zeitlich begrenzt ist, kommen Sie auf diese Weise damit besser zurecht.“ Lärm ist auch situations-, erfahrungs- und erwartungsabhängig: Ruhiges Hotel in Strandlage neben einer Baustelle…, Blogbeitrag formulieren, wenn einer telefoniert…, Sirenengeräusch bei eigener Unfallgeschichte…
Psychologische Methoden schaffen Entlastung. Um-Bewertungen, wie Hellbrück es nennt, lassen sich einüben: durch gezieltes Aufmerksamkeitstraining oder Entspannungsverfahren. So wird der Fokus verschoben, die Bewertung wird rausgenommen, es wird Weite geschaffen. Yoga stellt auch hier eine gute Möglichkeit bereit, aus dem Hilflosigkeitsgefühl des Ausgeliefertseins dem Lärm gegenüber heraus zu kommen. Er kann helfen, sich aus der Fixierung zu lösen.
Lärm bringt Leid. Dies lässt sich mildern, wenn wir stärker aus der Unmittelbarkeit der emotionalen Betroffenheit herausfinden. Wir schaffen so selbstwirksames Erleben. Das meint, dass wir uns nicht mehr als Opfer des Lärms erleben, sondern als aktive Menschen, die etwas bewirken können.